1982 Bordeaux

Ein großer Jahrgang war das in Bordeaux, 1982, quasi so eine Art Wiederauferstehung von Bordeaux und der Beginn einer großartigen Serie. Und gleichzeitig hat dieser Jahrgang auch viel mit Robert Parker zu tun. Parker hat 1982 berühmt gemacht, und 1982 hat Parker berühmt gemacht. Wer damals auf ihn hörte, und sich für vergleichbar kleines Geld den Keller vollpackte, kam günstig an großartige Trouvaillen.

Und wie sind die Bordeaux aus 1982 heute? Gut gelagert sind die besseren immer noch jugendlich frisch und ein absoluter Hochgenuss. Davon konnten wir uns auf einer kleinen, feinen Probe überzeugen. Zu einem genialen Menü von Holger Berens im Berens am Kai öffnete Pierre, unser generöser Gastgeber, eine Reihe absolut großartiger Weine aus seinem Geburtsjahrgang. Wir waren zusammen mit Barbara Beerweiler, die alle Weine wie von ihr gewohnt absolut perfekt ins Glas brachte, nur eine 6er Runde. Das war wichtig und von großem Vorteil. Denn so konnten wir diese Weine, die sich trotz sorgfältigen Dekantierens noch enorm im Glas weiterentwickelten, öfters nachverkosten und in ihrer Entwicklung verfolgen.

Genialer Einstieg in den Abend war ein perfekt gereifter 1982 Dom Perignon. Gülden die Farbe dieses Champagners, der zwar reif war, aber immer noch so lebhaft mit gutem Mousseux, dazu karamellisiertes Brioche, cremige Textur, gute Säure und langer Abgang – WT96. Wenn man bedenkt, dass die da jedes Jahr ein paar Millionen Flaschen von produzieren, ist die Qualität noch erstaunlicher. Dom Perignon altert sehr gut und hat für einen großen Jahrgangschampagner ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Einen reifen Dom Perignon sollte man selbst dann mal probieren, wenn man eigentlich keinen Champagner mag. Denn mit seinem Tiefgang und seiner Komplexität ist das ein Champagner für Rotweintrinker.

Spannend gleich das erste Duell mit zwei großen Weinen aus St. Emilion. Der immer noch so jung wirkende, kräftige und im besten Sinne kernige 1982 Figeac zeigte zu Anfang eine leichte Strenge, wurde aber mit Luft und Zeit im Glas deutlich zugänglicher und freundlicher. In der Nase etwas verhaltene Frucht, Paprika, Kräuter, Lakritz, Tabak und Leder, gute Struktur und Mineralität, dürfte gut und lang altern – WT96. Im anderen Glas mit 1982 Cheval Blanc die Kraft und die Herrlichkeit. Dieser ehemalige 100-Punkte-Star, der sich so lange verschlossen hatte, ist wieder voll da. Schlichtweg ein Traum dieses unnachahmliche Cheval Blanc Parfüm in der Nase, superbe Frucht mit verschwenderischer Fülle, so frisch mit seidiger Eleganz, ein herrlicher Charmeur. Gut zwei Stunden dekantieren, einen großen Schluck davon nehmen, die Augen schließen und einfach nur Träumen. Das sind heute schon wieder locker WT98+, die 100 am Horizont für die nahe Zukunft schon erkennbar. Wird sich nahtlos unter die großen Cheval Blancs des letzten Jahrhunderts einreihen und hat noch eine große Zukunft. Sicher aus zuverlässiger Quelle noch ein guter Kauf, solang noch nicht zu viele Leute gemerkt haben, dass dieser Cheval Blanc wieder voll da ist.

Was wäre Ihre Wahl im nächsten Pomerol-Flight gewesen? Für uns war das einfach, denn wir verkosteten die Weine blind und mussten nicht Qualität und Etikett in Einklang bringen.

Der sehr kräftige, robuste, muskulöse und etwas rustikale 1982 Certan de May mit verhaltener Frucht hatte eine großartige Struktur und immer noch kräftige Tannine, fängt aber an, wieder mehr zu zeigen und dürfte in den nächsten Jahrzehnten noch für einige Überraschungen sorgen – WT95. Noch nie auch nur annähernd so gut im Glas hatte ich den noch so jugendlich und absolut stimmig wirkenden 1982 Latour-à-Pomerol. Nahe an der Perfektion und für mich der absolute Star dieses Flights erinnerte er an die großen Weine dieses Gutes aus 1959 und 1961, einfach überragend – WT98. Da hatte es der 1982 Petrus mit seiner erstaunlich reifen Farbe verdammt schwer. Wirkte erst ziemlich reif, karamellig mit Minze und Schokolade, baute aber enorm aus, wurde deutlich druckvoller und auch opulenter, wobei ein Hauch Heitz Martha´s blieb – WT97. Am Tisch wurde er später nach dem Aufdecken teilweise noch vor dem Latour-à-Pomerol gesehen. Schon erstaunlich, was so ein Etikett für eine Überzeugungskraft hat. Ich für meinen Teil werde auf die Suche nach Latour-à-Pomerol gehen, nicht nur, weil ich für den Preis einer Flasche Petrus wohl bis zu einer Kiste bekommen könnte.

Zweimal absolute Perfektion im Pauillac Flight und dazu noch einer meiner persönlichen Lieblingsweine. Einfach atemberaubend, die beiden Superstars 1982 Latour und 1982 Mouton Rothschild gegeneinander trinken zu dürfen. Der Latour, ein blutjunges Monument, wirkte geradezu aristokratisch in der Struktur, so dicht, kräftig mit präziser Frucht, Minze und der so typischen Walnuss, sehr druckvoll in der Aromatik mit gewaltiger Länge. Wird das Jahr 2050 spielend erreichen und hat das Zeug zum Jahrhundertwein – WT100. Noch etwas verschlossener zu Anfang der Mouton, der dann aber im Glas schnell aufholte und enorm ausbaute. Klar, da kam immer mehr die klassische Mouton-Aromatik mit Cassis, Minze, einem Hauch Eukalyptus, viel Sattelleder und der berühmten Bleistift Mineralität. Aber alles wirkte noch so jugendlich, so präzise, auch hier mit atemberaubender, ewiger Länge – WT100. Bei beiden Weinen sind die WT100 keine Potentialwertungen, sondern trotz der Jugend und der immer noch massiven Tannine voll gerechtfertigt durch diese unglaubliche Dichte, die am Gaumen alle Papillen in Hab Acht Stellung brachte. Ich würde beide Weine heute immer noch nachkaufen, aber nur aus bester Herkunft. Vielgereist mit einem Dutzend Vorbesitzer sind solche Monumente nur ein Schatten ihrer selbst und rausgeschmissenes Geld.

Und dann war da noch einer meiner persönlichen Lieblingsweine, 1982 Grand Puy Lacoste aus einer perfekten 1tel. Sicher über 40mal habe ich den bisher im Glas gehabt. Relativ früh schon trinkbar, nie verschlossen und heute aus guten Flaschen wie dieser hier praktisch immer noch taufrisch, ist das ein großartiger, zeitloser Pauillac. Schwarze Johannisbeere, dazu ein paar Schwarze Trüffel, perfekter Spagat aus Kraft und unnachahmlicher Eleganz, immer noch mit reifen, aber intakten Tanninen, sehr elegant und stimmig, wunderbare Länge – WT96. Wann immer ich den aus guten Kellern finde, kaufe ich hemmungslos nach.

Blieben als Abschluss zu einem schlichtweg außerirdischen Dessert aus Holger Berens Küche noch zwei restsüße Weine. Mit dem 1982 Hermitage Vin de Paille von Chapoutier hatte ich auf durchaus hohem Niveau so meine Probleme. Ich fand ihn etwas anstrengend, medizinal, oxidativ und alkoholisch(15%!), eher halbtrocken mit Bitterorange – WT90. Aber er stand natürlich auch gegen eine herrliche, zeitlos schöne 1982 Wehlener Sonnenuhr Auslese von JJPrüm, die nur halb soviel Alkohol, aber dreimal soviel Eleganz und Finesse hatte. Feinste Honignoten, Schiefer Mineralität, gute, balancierende Säure und Länge – WT95.