1958

Als so genannten nützlichen Jahrgang würde man heute wohl 1958 beschreiben, leichte, feine, früh trinkbare Weine. Nur hat man da heute nichts mehr von, denn mit wenigen Ausnahmen und perfekt gelagerten Großflaschen ist da inzwischen nichts trinkbares mehr bei.

Mit Rotwein hatte Cos d´Estournel 2006 auf der großen Cos-Probe nicht mehr viel zu tun, aber als alter Sherry war er durchaus noch gut trinkbar. Intakte Farbe, massive Sherrytöne, oxidiert, weich und mild am Gaumen – 80/100.

Ziemlich dünn, aber wenigstens trinkbar 2011 der aus der Magnum ausgeschenkte Lafite Rothschild, in der Nase noch etwas rote Frucht, Tabak, Kräuter und ein dezenter Hauch Minze, am Gaumen flach, dünn, nichtssagend mit noch etwas Süße – 81/100. Eine 1996 getrunkene Latour-Magnum hatte eine immer noch dichte Farbe mit deutlichem Braun, reife Cabernet-Nase, kurzen Abgang, entwickelte mit der Zeit leichte Süße – 86/100. Nur einmal getrunken, 1995 aus der Doppelmagnum, Mouton Rothschild. Reife Farbe mit deutlichen Brauntönen, im Kern noch sehr dicht. Schöne würzige Mouton-Nase, am Gaumen reif, weit, nicht mehr allzu viel Druck, aber gefällig und für den Jahrgang sehr gut – 87/100. In 1teln würde ich da aber nicht mehr rantrauen.

Ducru Beaucaillou hatte 2006 auf der großen Ducru-Probe eine helle, aber erstaunlich klare Farbe, war am Gaumen zwar kurz, aber immer noch gut trinkbar, baute dann sehr schnell ab – 79/100. 2009 etwas besser und mit etwas welker Frucht immer noch gut trinkbar – 83/100. Zuletzt 2013 war noch erstaunlich intakt mit feiner Süße und zeigte keine Alterstöne – 86/100. Bei Gruaud Larose war 2014 die Nase ganz ok, am Gaumen war dieser Wein aber hin – WT78.

Margaux war 2007 noch trinkbar. Staubige Nase zwar, Mottenkugeln und altes Faß, aber man starb nicht dran, und in 58 Geborene hätten sich diesen kleinen Wein sicher noch richtig schön geredet – 82/100.

Wie schon in 57 ein Hit und sicher der Bordeaux des Jahrgangs La Mission Haut Brion. Erstmals 1992 bei Hubi Scheidt in Wasserliesch getrunken, noch sehr kraftvoll und jung – 93/100. Mehrmals dann in 1998. Die schönste bei Willi Krähling, dichte Farbe, Cigarbox, tolle Nase, am Gaumen dicht und lang, teerig im besten Sinne, toller Stoff – 95/100. Sicher noch langes Leben. 2008 superdichte Farbe, teerig, ätherisch mit Tabak, Minze und Eukalyptus. Hat noch eine unglaubliche Kraft, lebt in dieser Form noch lange und geht als Zwilling des 78ers durch, für den er blind auch gehalten wurde – 94/100. Zuletzt 2011 wieder große Klasse und noch keinerlei Anzeichen von Schwäche zeigte. Sehr dicht und ohne Alter die Farbe, faszinierend die zu Anfang leicht karamellige Tabak-Schokonase, wurde mit der Zeit immer teeriger, ätherischer und entwickelte immer mehr Minze und Eukalyptus. Auch am erstaunlich kraftvollen Gaumen kamen immer mehr Minze und Eukalyptus, und in seiner etwas wilden, exotischen Art erinnerte dieser 58er an eine etwas reifere Version des grandiosen 78ers – 94/100.

Ausone hatte 1995 auf einer Drawert-Probe ein helleres Rot, Pinot-ähnliche, feine Nase, weich, gereift, nicht groß, aber erstaunlich - 84/100. Zuletzt 2012 auf der großen Ausoneprobe von Bernd Neuhaus völlig untrinkbar. Die staubig-muffige Mischung aus Wein und Mottenkugeln des Cheval Blanc war 2007 noch trinkbar, doch richtige Freude kam nicht mal zu Anfang auf, als sich der immer stärker werdende Essigstich noch nicht so bemerkbar machte – 78/100. Zuletzt 2008 hätte man den von der Nase her auch für eine gut gereifte, ältere weiße Auslese halten können, reife Birne mit etwas Nougat, durchaus spannend. Am Gaumen weniger interessant und ziemlich kurz, aber noch gut trinkbar – 79/100.

Kein großes Burgunderjahr.

Sehr erstaunlich schön 1995 auf einer Drawert-Probe ein Nuits-St.-Georges von Doudet-Naudin, dichte Farbe, kaum Alter, weiches, würziges Bouquet, am Gaumen mollig mit schönem Abgang und sicher noch reichlich Zukunft -93/100.

Weitgehender Totalausfall auch an der Rhone.

Für das eher schwierige Jahr erstaunlich süß und füllig 2013 bei Uwe Bendes Chateauneuf Overkill war Fortia – 91/100. Gut trinkbar, wenn auch etwas schwierig war 2013 auch La Nerthe, hatte aber eine laktische Nase, viel Säure und erinnerte an einen überlagerten Joghurt – 85/100.

Eine Schloß-Reserve Schloß Ringberg am Kalterer See vom Weingut Wilhelm Walch hatte 2013 nichts mit den Massenweinen à la Kalterer See Auslese zu tun, die seinerzeit deutsche Supermärkte fluteten. Ein sehr kräftiger, durchaus spannender Wein mit immer noch junger Farbe, toller Statur, Süße und Kraft – 88/100.

Sehr guter Barolo-Jahrgang.

Ein Barolo Monfortino Riserva von Conterno hatte 1995 auf einer Drawert-Probe in der Nase Schafstall, war tanninig, hatte zuviel Säure, eklig – 75/100. Der Barolo Riserva Vigna Pregiati von Giacomo Conterno wirkte 2018 durch Farbausfällung, die sich als festes Depot am Flaschenboden wiederfand, farblich wie ein Rosé. Dazu kam deutliche Oxidation. Und trotzdem blieb eine gewisse Faszination. Wie ein Colheita Port trank sich dieser Barolo mit viel Toffee und süßem Marzipan – WT89. Noch schlimmer mit Acetonnase und untrinkbat 2011 auf dem Unger Weihnachtstasting. Auch diese Flasche hatte die bei alten Monfortinos häufige Farbausfällung. Da macht man besser einen großen Bogen drum. Besser 2007 ein Barolo des Marchese di Barolo, ein durchaus saftiger, griffiger Stoff mit deutlich animalischer Note, aber auch noch etwas Frucht, kräftiger Säure am Gaumen und guter Länge, dabei etwas streng wirkend - 87/100. Sehr hell 2011 die Farbe des Barbaresco von Angelo Gaja, wunderbar schön die Nase mit getrockneten Rosen jede Menge Kräutern etwas Lakritz und Rosmarin, am Gaumen sehr fein, so burgundisch und verführerisch mit generöser Süße - 98/100. Superdicht 2015 aus der halben Flasche die tiefdunkle Farbe des Barbaresco Classico von Serafino mit Kaffee, altem Balsamico und kräftiger Säure. Ein beeindruckender Wein, der aber gefährlich lebt und so gerade die Kurve vor der Oxidation kriegt – WT93. Der Barolo Classico von Serafino war 2015 aus der halben Flasche zweimal so elegant, so fein mit wunderbarer, rotbeeriger Frucht, lang am Gaumen und stilistisch eher ein großer, reifer Bordeaux – WT95.

Eine große Ernte von eher bescheidener Qualität wurde in Deutschland eingebracht. Trotzdem könnten hier im edelsüßen Bereich durchaus noch trinkbare Weine dabei sein. Wilhelm Haag vom Weingut Fritz Haag machte übrigens in 1958 seinen ersten Wein.

Sehr interessant 1998 im Landhaus Bacher eine Gewürztraminer Ausbruch TBA von Tscheppe, güldene Farbe, Nase wie Marillenmarmelade, am Gaumen hochwertiger Sherry, halbtrocken, schön zu trinken – 87/100 . Ein Neuburger Kaiserwein aus der Zweiliterflasche päsentierte sich 2008 erstaunlich frisch präsentierte er sich, mit nussiger Apfelnote, ganz dezentem Petrol, schöner Fülle und feinem Schmelz, stand wie eine Eins im Glas – 89/100.

Eigentlich gilt 1958 als ausgezeichnetes Rioja-Jahr. . Schier unglaublich gut war 2022 der Imperial von CVNE. Preiselbeere, Maulbeeren, dazu eine betörende Frische, erdige Mineralität und feine Säure ließen diesen sehr eleganten, finessigen Wein eher aus den 80ern stammen – WT96. Schon sehr müde wirkte aber 1990 ein Palacio de Arganza – 80/100. Um Klassen besser der 2005 getrunkene, einfache Marques de Riscal, Dunkles Braun mit deutlichem Orangenrand, deutliche Alterstöne, oxidative Note, malzige Süße, etwas bitter im Abgang, aber immer noch mit Genuss zu trinken. Wird sich auf diesem Niveau sicher noch etliche Jahre halten - 91/100. Insbesondere an gut gelagerte Reservas und Gran Reservas namhafter Güter aus 58 würde ich mich heute immer noch bedenkenlos herantrauen.

Legendärer Kalifornien-Jahrgang, sehr rar, sehr teuer und inzwischen meist am Ende des Lebenszyklus.

Ein großes, singuläres Weinerlebnis war 2011 der ultrarare Beaulieu Private Reserve George de Latour. Gut, die Nase erinnerte mit ihrer Schärfe eher an eine Biogasanlage, die musste man sich halt wegdenken. Denn ansonsten war das noch ein erstaunlich jung wirkender, sehr schön zu trinkender Wein mit feiner Süße, Eukalyptus, Minze und guter Länge am Gaumen – 92/100. Zuletzt 2013 war beim Louis Martini California Mountain Cabernet Sauvignon wunderschön die generöse Nase, sehr reif zwar, aber auch süß, portig und mit viel Rumtopf und malziger Süße, der Gaumen kam nicht ganz mit, da war inzwischen viel flüchtige Säure – 92/100.

Schlechtes Champagnerjahr.